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Zeitzeugen aus Theresienstadt in der Jacob-Struve-Schule

Fünfzig Schülerinnen und Schüler des 9. Jahrgangs der Jacob-Struve-Schule Horst in einem Raum und es herrscht erwartungsvolle Stille.

Drei ehemalige Gefangene (Helga Kinsky, Anna Hanusovà und Judith Rosenzweig) aus dem Mädchenzimmer 28 des Konzentrationslagers Theresienstadt berichten aus ihrer Vergangenheit. Sie gehören zu den wenigen überlebenden jüdischen Mädchen, die die Vernichtungs- und Arbeitslager überlebt haben. Poesiealben und Tagebücher helfen die Erinnerung an die Zeit und an die ermordeten Mädchen wachzuhalten. Unter der Moderation der Buchautorin Hannelore Brenner-Wonschick berichten die drei Damen, die aus Israel, Brünn und Wien angereist waren, über ihre Schicksale.

„Es war mein 11. Geburtstag, als ich den schriftlichen Befehl zum Transport nach Theresienstadt erhielt. Damals dachte ich, wir kommen an einen Ort, wo wir als Juden normal leben können. Dieses stellte sich als großer Irrtum heraus.“
Die Erzählungen der drei älteren Damen über Deportation, Verfolgung und Vernichtung ihrer Familien und Mitgefangenen berührten die Schülerinnen und Schüler sehr. Für die Zuhörer war das Grauen dieser Zeit einfach unvorstellbar.
Umso ergreifender war es, dass die Frauen über ihr Schicksal offen sprechen sowie ihre Lebensfreude und Lebenslust an die Hörenden weitergeben konnten.
Ausführlich und emotional beantworteten sie unter anderem folgende ihnen gestellte Fragen: Warum haben Sie sich nicht gewehrt? Wussten Sie von den Vernichtungslagern? Glaubten Sie immer an Ihr Überleben.
„Wir wollten nicht an die Vernichtungslager glauben und haben uns auch deshalb nicht gewehrt. Hoffnung hatten wir immer. Geholfen haben uns der Zusammenhalt der Mädchen in unserem Zimmer, die heimliche Versorgung mit Bildung und Musik sowie die Betreuung durch die nur wenig älteren Mädchen. Das gab uns ein Stück Normalität zurück.“
Wie kam es zu dieser besonderen Begegnung?
Im Rahmen ihrer Klassenfahrt nach Tschechien besuchten die beiden neunten Klassen nach einem dreitägigen erlebnispädagogischen Programm die kleine Festung des ehemaligen Konzentrationslagers Theresienstadt. Die Führung dort beeindruckte die Schülerinnen und Schüler sehr. Als die Damen von dem Besuch in Theresienstadt erfuhren, waren sie gerne bereit, den Jugendlichen in der Schule ihre Fragen zu beantworten. Derzeit sind die „Mädchen aus Zimmer 28“ im Rahmen mehrerer Ausstellungen in Schleswig-Holstein zu Besuch.
In Erinnerung bleiben nicht zuletzt die bewegenden Abschiedsworte einer der Zeitzeuginnen: „Ich wünsche Euch eine bessere Jugend als wir sie hatten und ein langes, schönes Leben. Wenn wieder Unrecht geschieht, haltet zusammen und greift rechtzeitig ein!“
Auf den Fotos von rechts nach links:
Helga Kinsky, Anna Hanusovà, Judith Rosenzweig, Buchautorin Hannelore Brenner-Wonschick
Schülerinnen und Schüler der Klassen 9a und 9b